Drei Fragen an... Anne Herpertz
Die Bundesvorsitzende der Piratenpartei über freies Wissen und die Algorhythmen hinter Filterblasen
Sie ist Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin, 24 Jahre jung und Bundesvorsitzende der Piratenpartei. Anne Herpertz hielt auf der B & B einen Vortrag über Medienwirkungsforschung und darüber, warum Verschwörungsgeschichten so populär sind. Ein Grund, sagt sie, liegt in der menschlichen Psyche und darin, Strukturen zu sehen, die nicht wirklich zusammen hängen: "Es fällt den Menschen schwer, die Existenz von Zufällen zu akzeptieren".
Wie bist du darauf gekommen, über Filterblasen zu forschen?
Ich habe mich im Studium damit beschäftigt und fand daran unheimlich spannend, auch mich selbst zu challengen. Wie sind die Logiken der Wahrnehmung? Wie nehme ich Medien grundsätzlich wahr? Beim Thema "Fake News" kommen diese Dinge jetzt immer mehr in die Öffentlichkeit.
Du hast bei dem Thema ein Sendungsbewusstsein, in deinem Vortrag hast du darum gebeten, es bekannter zu machen. Lassen sich Menschen, die sich hauptsächlich in ihrer Bubble auf Youtube informieren, mit Wissenschaft überhaupt erreichen?
Es ist sehr wichtig zu wissen, in welche Kategorien wir zum Beispiel in Youtube eingeordnet werden. Wenn ich mich dort als junge Frau anmelde, die Haustiere mag, bekomme ich zum Beispiel ganz andere Vorschläge als ein älterer Mann. Die Plattformen müssten bekannt machen, welche Algorhythmen dahinter stehen. Die Mechanismen, die hinter Verschwörungsgeschichten wirken, kann man erklären, aber nicht entschuldigen. Die Leute sind schließlich erwachsen. Es geht mir nicht nur darum, andere zu überzeugen, sondern auch, sich selbst kritisch zu reflektieren.
Die Piratenpartei hat sich schon früh auf das Thema einer kritischen Digitalisierung fokussiert, in ihrem aktuellen Wahlprogramm bringt sie diese mit Nachhaltigkeit zusammen. Welche Baustellen sind dabei am Wichtigsten?
Wir haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass das Thema Digitalisierung überhaupt im Mainstream angekommen ist. Dabei läuft vieles noch falsch. Zum Beispiel ist die Digitalisierungsstrategie der Ampel-Regierung in puncto Nachhaltigkeit nicht ambitioniert genug, in anderen Punkten, etwa, dass Deutschland den Markt anführen soll, komplett unrealistisch. Die wichtigsten Projekte sind für uns ein Recht auf Reparatur und eine Stärkung der "Open Access"- und "Open Source"-Bewegung. Zum Beispiel haben wir am Institut ein Buch geschrieben, mit öffentlichen Geldern finanziert. Dieses Buch verkauft der Springer- Verlag jetzt für 60 Euro. So etwas, finde ich, darf nicht sein.
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