Drei Fragen an.... Anke Domscheit-Berg

Die Politikerin und Datenaktivistin über Microsoft, die Digitalstrategie und Best-Practize-Projekte in der brandenburgischen Provinz

Drei Fragen an.... Anke Domscheit-Berg
Hat gern auch mal den Hut auf: Anke Domscheit-Berg. Bild: Friederike Grabitz

Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Daten-Aktivistin für "Open Government", also eine transparente Verwaltung, verheiratet mit dem Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg und Politikerin zuerst für die Piratenpartei, Bündnis 90/ Die Grünen und seit 2021 für die Linke im Bundestag. Ein Gespräch.

Sie waren bis 2011 Lobbyistin für Microsoft. Wie kommen Sie von dort zum Thema Netzsicherheit und Lizenzfreiheit?

Ich war dort verantwortlich für "Innovative Government Programs" und habe Verwaltungen und Kommunen beraten. Dabei ging es nicht so sehr darum, Microsoft-Produkte zu verkaufen, und das wäre auch nicht mein Ding gewesen. Ich habe Barcamps organisiert und den Behörden erzählt, wie wichtig es ist, Open-Source-Software zu verwenden.

Vor drei Wochen hat die Bundesregierung ihre Digitalstrategie für die Legislatur vorgelegt. Anders als die Vorgängerin enthält sie mehrere Punkte zu sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit - also alles gut?

Überhaupt nicht. Wir haben als Opposition ja leider nicht daran mitgeschrieben. Die Digitalstrategie ist nicht mehr als eine Ideensammlung, die Bereiche aus verschiedenen Ressorts zusammenbringt. Sie beschreibt aber überhaupt nicht, wie wir dahin kommen, dass das, was drin steht, auch passiert. Was fehlt, sind konkrete Ziele, Zwischenziele, insgesamt eine Vision. Um die zu formulieren, bräuchten wir überhaupt einmal den Status Quo. Zum Beispiel steht da drin, dass die Abwärme von Rechenzentren genutzt werden soll. Wir wissen aber nicht: Wie viel davon nutzen wir heute überhaupt schon? Uns fehlen an vielen Stellen Informationen. Wir brauchen dringend ein Abwärmeregister und das Energie-Effizienz-Gesetz.

In der Digitalstrategie steht außerdem, dass die Zivilgesellschaft in Prozesse einbezogen werden soll. Nur wurde sie noch nicht einmal in die Erstellung des Gesetzes einbezogen. Es gab im Vorfeld mehrere Termine mit Wirtschaftsvertretern, aber eine Anfrage von mir hat gezeigt: Die Regierung hat mit keiner einzigen zivilgesellschaftlichen Organisation gesprochen.

Was kann Digitalisierung konkret für Nachhaltigkeit bewirken?

Ich komme aus Fürstenberg in Brandenburg, eine sehr kleine Stadt, wo nur ein paar Mal am Tag ein Bus fährt. Ich wünsche mir, dass wir dort kein Anruf-Sammeltaxi haben, sondern ein nachhaltig betriebenes Fahrzeug mich abholt, wenn ich es über eine App rufe. Im städtischen Raum kann ich mir gut eine App vorstellen, mit der Menschen Dinge tauschen oder sich ausleihen können, die sie nicht oft brauchen, zum Beispiel ein Abendkleid.
Wir haben in Fürstenberg auch schon schöne Projekte. Während der Pandemie haben die Kinder der Schule zum Beispiel aus alten USB-Kabeln und 3D-gedruckten Gehäusen selber CO²-Melder gebaut. Sie waren stolz, dass sie das konnten - und haben ganz nebenbei gelernt, wie Upcycling gehen kann.

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