Technikgestaltung mit Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung
Technologieentwicklung ist keine Naturgewalt, sondern kann gestaltet werden. Nur wie?
Rainer Rehak (Weizenbaum-Institut) ist sich sicher: Technologieentwicklung ist keine Naturgewalt, sondern kann gestaltet werden im Dienst von Menschen und Natur. Wie diese Technikgestaltung aussehen kann und wo wir gerade stehen, diskutieren aus verschiedenen Perspektiven:
- Melanie Jaeger-Erben, Professorin für Technik- und Umweltsoziologie an der BTU Cottbus – Senftenberg
- Constanze Kurz, Sprecherin des "Chaos Computer Clubs" und Redakteurin bei netzpolitik.org
- Kirsten Bock, Datenschutzjuristin und Mitarbeiterin am Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein
- Kristina Hatas, Völkerrechtlerin bei Amnesty International
Für Melanie hängt die menschliche Evolution eng mit der Technologieentwicklung zusammen. In den letzten Jahren und Jahrzehnten erkennt sie aber eine Schieflage: Die Rückkopplung zwischen Mensch und Natur funktioniere nicht mehr – wir bemerken die Auswirkungen unserer Handlungen auf die Umwelt oft nicht. Es müsse wieder ein Feedback hergestellt werden, so dass das Mensch-Umweltverhältnis nicht weiter eine einseitig ist.
Die Alternativen sind da, jetzt müssten wir sie noch nutzen
Constanze kommt als Informatikerin von der praktischen Seite. Für sie geht es vor allem um die Selbstbestimmung. Die Frage laute: „Wie kontrolliere ich meine Geräte, und nicht sie mich?“ Die Diskussion und der Fokus auf das Thema haben sich verändert: Vor zehn Jahren ging es darum, Alternativen zu den Angeboten der großen Technologieunternehmen zu entwickeln. Heute gibt es eine Vielzahl von Alternativen, die Nutzer*innen müssten sich aber entscheiden, diese zu nutzen: Wieviel Zeit ist jede*r einzelne bereit, in diese Alternativen zu investieren?
Wir wollen nicht ein bisschen Datenschutz, wir wollen die Kontrolle
Kirsten kritisiert ein eingeschränktes Verständnis von Datenschutz z. B. in der Datenschutzverordnung. Es gehe dabei lediglich um die Selbstbestimmung über die eignen Daten, das allgemeine Machtverhältnis zwischen Datengebenden und Datenverarbeitenden wird nicht hinterfragt. Auch die Datenspeicherung mit dem Zweck der kommerziellen Ausschlachtung – Stichwort Datenwirtschaft – werde nicht in Frage gestellt.
Kristina erklärt, dass immer mehr Menschenrechtsorganisationen in das Thema Technologiegestaltung einsteigen. Technologie sollte so gestaltet werden, dass sie Menschenrechte nicht verletzt. Die Realität sieht leider anders aus: In vielen Fällen fördern z. B. die Facebook-Algorithmen Hass und Hetze, die dann auch in die reale Welt schwappen. Schon beim Design von Systemen sollte ihr späterer Zweck mitbedacht werden: Es gibt Technologien, die von vornherein für nicht menschenrechtskonforme Anwendungen geschaffen werden. Die Zivilgesellschaft sollte das im Blick haben.